Die gelbe Tüte

Der Mensch ist nicht Opfer sondern Mitgestalter seines Lebens.“
Viktor Frankl

Diesen Hinweis gibt uns Viktor Frankl mit auf unseren Lebensweg. Das heißt einerseits, dass der Mensch sich selbst zum Opfer machen kann, wenn er das will. Andererseits bedeutet es auch, dass er sich entschieden aus der Opferrolle befreien und sein Leben mitgestalten kann. Wir sollten Frankls Rat beherzigen und im positiven Sinne Mitgestalter unseres Lebens werden. Eine „gelbe Tüte“ kann dabei sehr hilfreich sein.
Zu meinem Geburtstag im vergangenen Jahr schenkte mir eine gute Freundin eine knallgelbe Stofftasche, in ihr war ein Zettel mit einer Geschichte, die ich ihnen weiter schenken will. Die Geschichte zeigt uns, was mitgestalten heißt und wie wir auf dem Weg zu einem geglückten Leben vorankommen können.

Die gelbe Tüte

Ein Mann saß auf einer Parkbank, traurig und bedrückt. Er dachte über sein Leben nach und darüber, was alles schieflief.
Ein kleines Mädchen, das durch den Park schlenderte, sah den Mann, bemerkte seine Stimmung und setzte sich zu ihm auf die Bank. Sie fragte ihn: „Warum bist du denn so traurig?“ Der Mann antwortete geknickt. „Ach weißt du, ich habe keine Freude im Leben. Ich weiß nicht wie es weitergehen soll, alles und alle haben sich gegen mich verschworen und nichts läuft, wie es soll.“ Das Mädchen schaute verwundert und fragte: “ Wo hast du denn deine gelbe Tüte? Darf ich mal sehen?“ Der Mann verstand nicht und erwiderte: „Was für eine gelbe Tüte? Ich habe nur eine schwarze.“
Schweigend gab er dem Mädchen seine schwarze Tüte. Behutsam öffnete die Kleine die schwarze Tüte und sah hinein. Das Mädchen erschrak und sagte entsetzt: „Das sind ja nur schlimme Erlebnisse, Albträume, Unglück, Schmerz und Leid!“ Der Mann antwortete traurig: „Das ist eben so, da kann ich nichts machen.“ „Hier schau“, sagte die Kleine und reichte dem Mann eine gelbe Tüte. Etwas unsicher öffnete der Mann diese und er sah ganz viele schöne Dinge: Sonnentage, glückliche Stunden, Lachen, Freude, Unbeschwertheit und Zufriedenheit. Er wunderte sich, da das Mädchen noch jung war und fragte: „Wo ist deine schwarze Tüte?“ Die Kleine antwortete keck: „Die werfe ich jede Woche in den Müll und kümmere mich nicht mehr darum! Ich denke, es ist viel schöner und sinnvoller meine gelbe Tüte immer weiter zu füllen. Da stopfe ich so viel wie möglich hinein und immer, wenn ich Lust habe oder traurig bin, schaue ich hinein. Da geht es mir gleich wieder besser. Wenn ich dann alt bin, habe ich eine ganz volle Tüte und kann mir viele schöne Erinnerungen anschauen!“ Der Mann war verblüfft und als er noch über die Worte der Kleinen nachdachte, war diese bereits verschwunden. Neben ihm lag eine gelbe Tüte auf der Bank. Er öffnete sie zaghaft und sah, dass sie fast leer war. Nur ein herzliches Gespräch mit dem kleinen Mädchen war darin. Der Mann lächelte und stand auf. Die gelbe Tüte nahm er mit. Auf dem Heimweg entsorgte er sein schwarze Tüte am nächsten Müllkübel.
Anna Egger

Wie wäre es, wenn auch Sie sich eine gelbe Tüte bereitlegen und so viel wie möglich hineinstopfen würden? Fangen Sie noch heute damit an!

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